In den Vorstandsetagen des deutschen Mittelstands gibt es aktuell kaum ein dringenderes Thema als Künstliche Intelligenz. Die Erwartungshaltung ist klar: KI soll Prozesse beschleunigen, den Kundenservice automatisieren oder Prognosen schärfen.
Doch sobald die ersten “Proof of Concepts” (PoC) starten, folgt oft die Ernüchterung. Die KI liefert halluzinierte Ergebnisse, falsche Umsatzzahlen oder scheitert an simplen Zuordnungen. Der Grund liegt fast nie am Algorithmus, sondern an der Basis: Die Daten sind schlicht zu “schmutzig”.
Jahrelang wurden Stammdaten in ERP-Systemen stiefmütterlich behandelt, Excel-Listen wild kopiert und Pflichtfelder mit Platzhaltern wie “n.a.” oder “0000” gefüllt. Für menschliche Kollegen war das interpretierbar – für eine KI ist es Gift. In diesem Artikel beleuchten wir, wie man diesen historischen Datenballast (Technical Debt) automatisiert bereinigt, ohne eine Armee von Data Scientists einzustellen.
Das Problem: Wenn der “Data Lake” zum Sumpf wird
Bevor man über neuronale Netze spricht, muss man über Dubletten und Formate sprechen. Eine KI lernt aus Mustern. Wenn diese Muster durch Inkonsistenzen unterbrochen werden, lernt die KI das Falsche.
Typische Probleme im Mittelstand, die KI-Projekte stoppen:
- Dubletten (Duplicates): Ein Kunde existiert dreimal – einmal als “Müller GmbH”, einmal als “Mueller GmbH” und einmal mit alter Adresse. Eine KI sieht hier drei verschiedene Entitäten.
- Fehlender Kontext (Metadata): Spalten heißen kryptisch Feld_7 oder Status_Alt. Ohne saubere Metadaten kann kein Modell den semantischen Sinn verstehen.
- Inkonsistente Formate: Datumsangaben wechseln zwischen DD.MM.YYYY und YYYY-MM-DD, Währungen sind mal als Zahl, mal als Text hinterlegt.
![PLATZHALTER BILD: Screenshot eines typischen “Dirty Data” Datensets vs. einer bereinigten Ansicht – Visualisierung von Inkonsistenzen]
Die manuelle Bereinigung dieser Altlasten ist wirtschaftlich meist nicht darstellbar. Niemand hat die Ressourcen, 500.000 Datensätze händisch zu prüfen.
Der Ausweg: Automatisierte “Data Hygiene” statt Handarbeit
Die traditionelle IT-Antwort auf dieses Problem waren komplexe ETL-Strecken und monatelange Data-Cleaning-Projekte. Heute ermöglichen moderne Governance-Tools einen pragmatischeren Ansatz: Automated Profiling.
Anstatt Regeln manuell zu definieren (z.B. “Postleitzahl muss 5-stellig sein”), nutzt moderne Software statistische Verfahren, um den Ist-Zustand der Daten zu scannen und Abweichungen sofort sichtbar zu machen.
Schritt 1: Das technische Röntgenbild (Profiling)
Sobald eine Datenquelle (z.B. eine PostgreSQL-Datenbank oder ein CSV-Export) angebunden wird, analysiert die Software die Verteilung der Werte.
- Erkennung: Ist das eine E-Mail-Adresse, eine IBAN oder eine Artikelnummer?
- Statistik: Wie viele Felder sind leer (Completeness)? Wo gibt es Ausreißer (Anomalien), die statistisch nicht ins Bild passen?
Der Vorteil: Man muss nicht wissen, wonach man sucht. Das System zeigt proaktiv: “In der Spalte ‘Lieferdatum’ liegen 3% der Werte in der Vergangenheit oder haben ein falsches Format.“
Schritt 2: Semantische Anreicherung durch KI
Technische Korrektheit reicht nicht. Damit Daten für Dritte (oder eine KI) nutzbar sind, müssen sie beschrieben sein. Hier greifen Tools wie datamastr auf Large Language Models (LLMs) zurück.
Die Software analysiert die Spalteninhalte und generiert automatisch eine fachliche Beschreibung: “Diese Spalte enthält Netto-Umsatzzahlen in Euro, bereinigt um Retouren.“
Das spart hunderte Stunden Dokumentationsaufwand und macht den “Data Lake” durchsuchbar.
![PLATZHALTER BILD: datamastr Asset Profile View – Zeigt die automatisch generierten Beschreibungen und Quality Scores]
Schritt 3: Compliance als Qualitätsmerkmal
Oft vergessen, aber für KI kritisch: Man darf nicht alle Daten nutzen, die man technisch besitzt. Alte Bewerberdaten oder Kunden, deren Löschfrist abgelaufen ist, dürfen nicht ins Training von Modellen fließen.
Eine integrierte Governance-Plattform markiert personenbezogene Daten (PII) automatisch und prüft gegen das Löschkonzept. So wird verhindert, dass die KI auf Daten trainiert wird, die längst hätten gelöscht werden müssen (“Toxic Data”).
Kosten-Nutzen-Betrachtung: Build vs. Buy
Unternehmen stehen oft vor der Wahl: Bauen wir eigene Python-Skripte zur Bereinigung oder nutzen wir eine Plattform?
- Der Eigenbau: Skripte sind flexibel, aber wartungsintensiv. Wenn der Mitarbeiter, der das Skript schrieb, das Unternehmen verlässt, bricht die Pipeline zusammen. Zudem fehlt oft das User Interface für die Fachabteilungen.
- Die Plattform: Spezialisierte Tools bieten Standard-Konnektoren und vorgefertigte Qualitätsregeln. Die “Time-to-Value” sinkt von Monaten auf Tage. Wichtig ist hier – gerade im deutschen Markt -, dass die Lösung keine riesige Enterprise-Suite ist, sondern schlank und auf deutschen Servern läuft.
Fazit: Erst aufräumen, dann innovieren
Der Traum von der KI, die das Geschäft revolutioniert, beginnt mit der profanen Hausaufgabe der Datenqualität. Wer versucht, diesen Schritt zu überspringen, wird viel Geld in Modelle investieren, die in der Praxis scheitern.
Für den Mittelstand ist die gute Nachricht: Sie müssen diese Hausaufgabe nicht mehr manuell erledigen. Automatisierte Tools können heute 80% der technischen Bereinigung und Dokumentation übernehmen. Die verbleibenden 20% sind dann die echten strategischen Entscheidungen, für die Ihre Experten wieder Zeit haben.
Wie “sauber” sind Ihre Daten wirklich?
Verlassen Sie sich nicht auf das Bauchgefühl. Ein automatisierter Scan liefert Ihnen in wenigen Minuten die Faktenlage zu Dubletten, fehlenden Werten und Compliance-Risiken.